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Recht / Arbeits-/Sozialrecht 
Donnerstag, 18.01.2024

Bei Radtour private und nicht geschäftliche Interessen im Vordergrund - Sturz kein Arbeitsunfall

Ein Sturz auf dem Heimweg nach einer Radtour mit einem möglichen zukünftigen Mitarbeiter unterfällt nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn bei der Radtour private und nicht geschäftliche Interessen im Vordergrund standen. Dann liegt kein sog. Wegeunfall vor. So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az. L 8 U 1620/22).

Der Kläger, ein selbstständiger Versicherungsmakler, hatte auf dem Rückweg von einer Radtour durch einen Sturz einen Unterschenkelbruch erlitten. Er hatte sich mit einem langjährigen Bekannten an einem Sonntag zu einer mehrstündigen Fahrt verabredet. Während dieser Radtour grillten die beiden an einem Grillplatz und besuchten danach die Eltern des Klägers. Im Anschluss an diesen Besuch fuhren der Kläger und sein Bekannter getrennt nach Hause. Auf dem Heimweg stürzte der Kläger und brach sich den rechten Unterschenkel. Gegenüber seiner gesetzlichen Unfallversicherung, der Beklagten, teilte der Kläger mit, er habe seinen Bekannten als zukünftigen Mitarbeiter bzw. Geschäftspartner für den Vertrieb und die Kundenbetreuung gewinnen wollen. Weil beide gern Sport machten und das Wetter schön gewesen sei, habe man sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei Geschäftliches zu besprechen. Der Besuch bei seinen Eltern habe der Demonstration eines Kundengesprächs gedient. Dies seien vorbereitende Tätigkeiten für ein Arbeitsverhältnis gewesen, das aber nach dem Unfall nicht zustande gekommen sei. Von dem Bekannten wurden die Angaben des Klägers bestätigt. Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da die unfallverursachende Tätigkeit keinen ausreichenden Zusammenhang zu betrieblichen Interessen bzw. zur Tätigkeit als Unternehmer aufgewiesen habe. Das Sozialgericht Heilbronn wies die Klage ab.

Das Landessozialgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Radtour habe, eine sog. Verrichtung mit gemischter Motivationslage dargestellt. Sie habe sowohl gemeinsamen privaten Interessen (Radtouren fahren) als auch – allerdings insoweit untergeordnet bzw. nachrangig – betrieblichen Interessen dienen sollen (gegenseitiges Kennenlernen, Beobachten des Verhaltens bei Kundengesprächen). Dies ergebe sich etwa aus der Schilderung des Klägers, man „habe sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei Geschäftliches zu besprechen“. Eine Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfülle dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre. Dies sei vorliegend zu verneinen. Denn ohne das gemeinsame private Interesse am Radfahren hätten der Kläger und sein Bekannter ihr Kennenlernen nicht im Rahmen einer Fahrradtour durchgeführt, und es wäre insofern auch nicht zu dem Unfall des Klägers auf dem Heimweg von dieser Radtour gekommen.

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